2. Aufbau und Einführung eines Baumkatasters

2.2 Realisierungsphase

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Die folgenden Qualitätsmerkmale und Funktionalitäten eines Baumkatasters sollen helfen, angebotene Produkte oder das eigene Anforderungsprofil zu bewerten.


2.2.1 Datenformate und Offenheit des Systems

Die Software muss sicherstellen, dass Daten in einem gängigen Datenformat erfasst und verwaltet werden können. Insellösungen erschweren nicht nur den Datenaustausch mit anderen Nutzern sondern bergen im Falle eines Software-Wechsels ein oft unterschätztes wirtschaftliches Risiko, da u. U. der Datenbestand unbrauchbar wird oder der ursprüngliche Anbieter sein Monopol für eine hochpreisige Datenmigration ausnutzt.
Ein problemloser Datenexport in gängige Standardsoftware erlaubt die Weiterverarbeitung in Form von Berichten und Geschäftsgrafiken.
Zudem muss das Baumkataster inhaltlich und strukturell veränderbar und die DV-technische Weiterentwicklung garantiert sein, weil sich auch fachliche Standards und Anforderungen an die Funktionalität des Katasters verändern können.

2.2.2 Benutzeroberfläche

Der Anwender erwartet eine bedienungsfreundliche Benutzeroberfläche, die ergonomischen Erkenntnissen Rechnung trägt, den Einarbeitungsaufwand für den Anwender gering hält, Fehler minimiert sowie eine angenehme und effektive Arbeit ermöglicht. So sollte auf allen Formularen Klartext stets Vorrang bekommen gegenüber verschlüsseltem Text.


    Zur Bedienungsfreundlichkeit tragen die folgenden Gestaltungsmerkmale bei:

  • Navigation über selbsterklärende oder aus Standardsoftware allgemein bekannte Symbole
  • Übersichtlichkeit und klare Gliederung der Eingabeformulare, ggf. über 'Reiter'
  • Verzicht auf Abkürzungen oder verschlüsselten Text, die nur über eine gesonderte Legende zu verstehen sind
  • Dateneintrag über Auswahllisten, die einfach zu ergänzen sind
    Bei GIS-Anbindung:
  • Benutzerfreundliche Handhabung der Funktionalitäten über eine grafischen Oberfläche
  • Gliederung der Hintergrund- und der Fachdatenbestände in unterschiedliche Layer
  • schneller Kartenaufbau einer Komplettlösung bzw. schneller Datentransfer der Schnittstelle bei externen GIS.

2.2.3 Eingabe- und Auskunftsformulare

Die Eingabeformulare - z.B. für die Ergebnisse der Baumkontrolle - müssen so aufgebaut sein, dass alle anfallenden Daten in ihrem fachlichen Zusammenhang eingetragen oder abgehakt werden können. Die richtige Zuordnung im Rahmen des Datenmodells hat programmintern zu geschehen. Der Formularaufbau sollte auf den Arbeitsablauf abgestimmt sein.

Beispiel
Erfolgt ein bestimmter Eintrag wie: 'Maßnahme durchgeführt am 30.05.2006' für mehrere Bäume, sollte dies auch straßen- bzw. abschnittsweise möglich sein

Auf den Formularen sollten sämtliche Informationen im Klartext dargestellt sein. Sofern Daten auch in Papierform erfasst und anschließend in die Datenbank übernommen werden, sollten sich die Eingabeformulare und Erfassungsbögen im Aufbau entsprechen, um die Arbeit der Übertragung zu erleichtern und Fehler zu minimieren.
Die Dateneingabe über Auswahllisten schließt Tippfehler aus und minimiert den erforderlichen Arbeitsaufwand. Bei der Eingabe öffnet sich im Datenfeld eine Liste mit den erlaubten Einträgen z.B. den Baumarten. Durch Anklicken wird der Eintrag in das Datenfeld übernommen. Die so erzeugten standardisierten Einträge stellen sicher, dass gleiche Sachverhalte immer gleich bezeichnet werden und die Datenbank somit durch die Abfragefunktion auswertbar bleibt. Dagegen lässt die freie Texteingabe unterschiedliche Schreibweisen für gleiche Begriff zu und ist so datenbanktechnisch schlecht auswertbar.
Das Ausfüllen von Pflichtfeldern - wie die Eingabe des Straßennamens - kann im System abgesichert werden, indem die Dateneingabe nicht abgeschlossen wird, solange bestimmte Felder in einem Datensatz nicht ausgefüllt sind.

2.2.4 Abfragemöglichkeiten

Abfragen dienen der Datenauswertung. Mit einer Abfrage können Datensätze einer Tabelle oder mehrer Tabellen ermittelt und aufgelistet werden, die bestimmte Bedingungen erfüllen und miteinander in Beziehung stehen.

Sind im Falle von Baumschäden bestimmte Pflegemaßnahmen erforderlich, so können bereits bei der Schadenserfassung im Baumkataster die dazugehörigen Maßnahmen automatisch vorgeschlagen werden.
Für die Analyse sollte sich der Datenbestand standardmäßig nach verschiedenen Kriterien wie Kartenblatt oder Straße gruppieren und um beliebige Bedingungen erweitern lassen.

Beispiel   Beispiel
Wird Totholz erfasst, schlägt das System die Maßnahme 'Totholz entfernen' vor   Zeige mir alle Bäume mit Totholz in einer Straße



2.2.5 Einsatz von Pen-Computern

Grundsätzlich lässt sich zwischen leichteren Handgeräten mit kleinem Display und den schwereren Pentops mit größeren Bildschirmen unterscheiden. Letztere sind i.d.R. leistungsstarke PC und ermöglichen den Einsatz von digitalen Karten vor Ort mit entsprechend guter räumlicher Orientierung. Wegen ihres Gewichtes von ca. 1.400-2.500g werden sie an Schultergurten getragen.
Kleinere Handheldgerät mit geringerer Kapazität erlauben oft nur, Teildatenbestände zu laden, was den Einsatz entsprechend einschränkt. In jedem Fall entfällt aber die Datenerfassung in Papierform, die Arbeitsabläufe werden kürzer und der Baumkontrolleur hat einen entsprechend hohen Arbeitsfortschritt.

Zu jedem Baum müssen per Pencomputer die Grunddaten wie Kronendurchmesser, Stammumfang oder Pflanzjahr sowie diejenigen Parameter abrufbar sein, die für die Baumkontrolle vorgegeben sind. Gruppierung des Datenbestandes nach verschiedenen Kriterien erlauben es, z.B. alle zu kontrollierenden Bäume anzuzeigen.
Die Formulare können abhängig von der Displaygröße in Teilformulare gegliedert sein, zwischen denen man z.B. über Reiter wechselt. Die Erfassung durch 'Anklicken' der Parameter erspart Zeit und Eingabefehler. Die Maßnahmenplanung wird erheblich erleichtert, wenn schon vor Ort den Maßnahmen ein Status zugeordnet werden kann, z.B. 'angeordnet', 'durchgeführt', oder 'nicht erfolgt'. Um Besonderheiten dokumentieren zu können, helfen Bemerkungsfelder mit freier Texteingabe.

Bietet der Pencomputer digitale Karten an, so sollte die Möglichkeit bestehen, nach dem Öffnen des Kartenfensters über Zoomen und Verschieben der Ansicht den gewünschten Kartenausschnitt zu wählen und durch Anklicken der Baumsymbole in der Karte deren Formulare für die Datenerfassung zu öffnen. Wünschenswert ist die Bearbeitung von Geodaten am Pencomputer, sodass neu gepflanzte Bäume dann direkt im Kartenfenster aufgenommen und gefällte Bäume aus der Karte entfernt werden können. Bei vorhandener Historienverwaltung bleiben die gefällten Bäume jedoch gespeichert, so dass auch nach einer Fällung gerichtsrelevante Aussagen möglich sind.

Im Anschluss an einen Kontrollgang werden die Daten an das stationäre Kataster überführt. Ist eine Historienverwaltung integriert, muss die korrekte zeitliche Zuordnung garantiert sein. Alle Kontrollgänge bleiben gespeichert und sind gezielt abrufbar. Ohne Historienverwaltung sind bestimmte Regeln bei der Datenübernahme zu befolgen.
Die Übertragung der Daten auf den Pen-Computer und zurück kann per Speicherkarte, über Netzkabel, Docking-Stationen oder auch funkbasiert erfolgen. Hierbei sind unter den Stichworten 'Viren' oder 'Abhörsicherheit' die in der Kommune jeweils geltenden Sicherheitsrichtlinien für solche Prozesse zu beachten.

2.2.6 Hilfesysteme

Ein Hilfesystem als integraler Bestandteil der Software muss sich einfach bedienen lassen und erweiterbar sein. Es unterstützt den Anwender bei der technischen Handhabung der Software, z.B. um Abfragen zu erstellen oder Auswahllisten zu ergänzen. Auch auf inhaltliche Erläuterungen zu den Datenfeldern, z.B. die Definition der Zustandsklassen oder der Vitalitätsstufen, sollte der Anwender zugreifen können. Diese Informationen können auch über ein zusätzliches Fachhilfesystem angeboten werden, das durch die Anwender selbst bzw. einen geschulten Mitarbeiter zu aktualisieren sein sollte.
Alternativ lassen sich dieses Informationen auch außerhalb der Software z.B. im Rahmen einer Erfassungsanweisung vorhalten und so mit geringem Aufwand den sich ändernden Anforderungen anpassen.

2.2.7 Support und Updates

Um den reibungslosen Betrieb der Software einschließlich der Pencomputer langfristig zu garantieren, ist eine fortlaufende Wartung sowie der Support zu organisieren. Dafür können z.B. jährlich und in Abhängigkeit von der Anzahl der Arbeitsplätze, die über die Anwendung verfügen, Stundenkontingente bei den Entwicklern der Software eingekauft werden. Neben der Beseitigung von Störungen können so auch aus dem praktischen Einsatz resultierende Verbesserungsvorschläge zeitnah umgesetzt werden. Der Support schließt neben Hardware und Software auch die Betreuung der Anwender ein. So kann eine hohe Akzeptanz bei den Anwendern erreicht und das Baumkataster besser in das Tagesgeschäft eingebunden werden.



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