2. Aufbau und Einführung eines Baumkatasters

2.3 Datenerfassung

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Ob die Datenerfassung an eine Firma vergeben oder durch eigenes Personal durchgeführt wird, entscheidet sich oft an den für die Datenerfassung erforderlichen personellen Kapazitäten und den zu erwartenden Kosten.
Die Anforderungen an den Datenbestand und an die Datenstruktur ergeben sich dagegen direkt aus dem potentiellen Einsatzfeld des digitalen Baumkatasters. Die nachfolgend behandelten Positionen sollten unbedingt abgearbeitet werden.

2.3.1 Erkundung der Datenlage
Welche Daten sind bereits im eigenen Hause oder in anderen Ämtern vorhanden, wie aktuell sind sie und in welchen Formaten liegen sie vor
2.3.2 Erkundung der Besitzverhältnisse und Überprüfung des Kartenmaterials
Die Besitzverhältnisse der Grundstücksflächen sind zu klären, die tatsächlich zu erfassenden Standorte zu definieren und das vorhandene Kartenmaterial diesbezüglich abzugleichen
2.3.3 Methoden zur Datenerfassung und Digitalisierung
Die gewählte Methode der Kartierung entscheidet über Qualität und Kosten des Verfahrens
2.3.4 Erarbeitung einer Digitalisieranweisung
Sie legt die Qualitätsanforderungen des Auftraggebers an die Daten gegenüber den Erfassungsfirmen fest und hilft, einen konsistenten Datenbestand abzusichern
2.3.5 Erarbeitung eines Pflichtenheftes
Das Pflichtenheft berücksichtigt die verbindlichen Vorgaben der Digitalisieranweisung
2.3.6 Import digital vorliegender Daten
Daten aus anderen Quellen, die nach 2.3.1 ermittelt wurden, können für das Baumkataster aufbereitet und wie diejenigen der eigenen Digitalisierung importiert werden
2.3.7 Durchführen einer Qualitätskontrolle
Sie ist für die Qualitätssicherung unverzichtbar und sollte mit eigenem Personal oder durch unabhängigen externen Sachverstand erfolgen

2.3.1 Erkundung der Datenlage

Vor dem Aufbau eines Baumkataster muss festgelegt werden, welche Datenbestände zum Einsatz kommen sollen. Daraus ergibt sich, welche Daten neu erzeugt werden müssen und welche anderweitig vorliegen und genutzt werden können. Hier unterscheiden sich in aller Regel die „eigenen“ Fachdaten von solchen, die an anderer Stelle erhoben und gepflegt werden, wie die Hintergrunddaten der amtlichen Vermessung.


Beispiele nutzbarer Datenbestände:
Flurkarten (amtl.Vermessung)
Luftbilder (amtl.Vermessung od. priv.Anbieter)
Kartierungen (eigener oder anderer Ämter)
Straßenachsenmodelle (amtl.Vermessung oder privater Anbieter)
Adressdatenbank (Namen der Straßen)

Die Erkundung der Datenlage kann durch eine gewissenhafte Recherche anhand der folgenden Fragestellungen erfolgen:
  • Liegen dem eigenen Amt benötigte Daten in digitaler Form vor?
  • Wenn ja, in welchem Dateiformat?
  • Liegen benötigte Daten dem eigenen Amt in analoger Form vor?
  • Welche Daten können andere Ämter in digitaler oder analoger Form zur Verfügung stellen?
  • In welchen Intervallen werden solche Daten aktualisiert?
  • Welche Daten können aus weiteren Quellen bezogen werden?
  • Welche Daten sind neu zu erheben?
  • Sind die baumspezifischen Daten auch für andere Ämter der Kommune von Interesse?

Als Hintergrundkarte für die grafische Darstellung des Baumbestandes ist eine digitale Flurstückskarte geeignet. Zur räumlichen Orientierung kann aber auch auf Rasterkarten zurückgegriffen werden. Sofern die Karten nur analog vorliegen, müssen sie eingescannt und georeferenziert werden. Dabei ist besonders auf die Anschlüsse der einzelnen Kartenblätter zu achten.

Achtung: Bei den luftbildgestützten Kartierverfahren entscheidet i.d.R. die Genauigkeit der Hintergrundkarten ganz wesentlich über die Qualität der Kartierergebnisse. Entsprechend großes Gewicht sollten die Hintergrundkarten bekommen. Bei einer hohen Genauigkeit (Bodenauflösung) der Luftbilder verringert sich i.d.R. der Aufwand beim Feldvergleich (terrestrischer Erfassungsaufwand), wodurch sich die Kosten für die Baumkartierung erheblich reduzieren können.

Sofern bereits Kartierungen vorliegen, stellen sich die folgende Fragen:
  • Sind die Daten für das Baumkataster nutzbar oder sogar erforderlich ?
  • Liegen die Daten digital oder analog vor ?
  • In welchem Format liegen die digitalen Daten vor ?
  • Lohnt sich die Digitalisierung analoger Karten ?

2.3.2 Erkundung der Besitzverhältnisse und Überprüfung des Kartenmaterials

Die jeweiligen Besitzverhältnisse oder vertragliche Sonderregelungen bestimmen darüber, wer für die Gewährleistung der Verkehrssicherheit verantwortlich ist. Unklare Grenzen und Eigentumsverhältnisse müssen daher unbedingt aufgeklärt werden. Bevor das Kartenmateriales an die mit der Kartierung des Baumbestandes beauftragte Firma übergeben wird, stellen sich also die Fragen :

  • für welche Flurstücke existiert eine eindeutige Besitzzuweisung und
  • welche Flächen sind ohne vermessene Grenzen zugewiesen (z.B. Teil-Flurstücke anderer Hoheitsträger wie Wasserwirtschaft oder allgemeine Liegenschaft)

  • Für Grünanlagenbäume ist zudem zu klären
  • welche Flächen im Bebauungsplan als öffentliches Grün ausgewiesen sind und daher vom Grünflächenamt gepflegt werden, der Eigentümer jedoch ein anderer Hoheitsträger ist
  • welche Flächen aufgrund von Vereinbarungen gepflegt werden, die sich im Eigentum anderer Verwaltungen befinden und
  • welche Flächen innerhalb von Grünanlagen Eigentum anderer Behörden und explizit nicht öffentliches Grün sind.

2.3.3 Methoden zur Datenerfassung und Digitalisierung

Zunächst sind die Anforderungen an die Lagetreue zu definieren. Als Richtwerte für die Auswahl der Kartierverfahren wird eine Lagetreue von < 0,5/1,0 m vorgeschlagen. Ein deutlich geringerer Wert (ca. 10cm) ist technisch möglich, aber teurer, so dass zunächst entschieden werden sollte, ob diese hohe Genauigkeit wirklich erforderlich ist.
Nachkontrollen im Gelände (Feldvergleiche) sind bei allen technischen Verfahren notwendig. Eine Korrektur der Daten aus dem Feldvergleich erfolgt nach den Vorgaben der Digitalisieranweisung.
Einige zur Zeit gängige Kartierverfahren sind nachfolgend in Bezug auf Leistung und Kosten untersucht und daraus Empfehlungen abgeleitet worden. Bei geringerer Qualität der Hintergrunddaten hat auch die Erfassungsgenauigkeit der Baumstandorte weniger Bedeutung.

Ř Digitalisierung aus analogen Plänen Sofern analoge Kartenpläne mit lagegetreuen Einträgen der Baumstandorte gepflegt wurden, können diese kostengünstig abdigitalisiert werden.

Ř Terrestrische Verfahren
    Methoden
    o Einmessung mit tachymetrischen Verfahren durch Vermessungsingenieure
    o Einmessung mit GPS-Geräten
    o Einfache Aufnahmen mit Lasermessgerät oder ggf. mit Maßband und Laufrad durch eigene Mitarbeiter
    o Direkte Dateneingabe im Gelände mit Hilfe mobiler Datenerfassungsgeräte (Handheld- oder PEN-Computer)
    Qualität
    Die tachymetrische Einmessung durch Vermessungsingenieure bietet die höchste Genauigkeit. Die Lageabweichungen liegen im cm-Bereich. Der Arbeitsfortschritt ist beliebig hoch, da bei sorgfältig abgestimmten Erhebungsvorschriften beliebig viele Vermesser eingesetzt werden können.

    Mit üblicherweise in der Baumerfassung eingesetzten GPS-Empfängern können Genauigkeiten von 30 cm nicht erreicht werden. Da diese Anforderung dennoch in zahlreichen Ausschreibungen auftauchen, soll an dieser Stelle ausführlicher darauf eingegangen werden:
    Die Geräte arbeiten im RTK-Verfahren mit Genauigkeiten von ca. 0,5 m (95% der Standortmessdaten liegen 0,5m um den tatsächlichen Lagepunkt), aber nur, wenn optimale Bedingungen vorherrschen. Es muss in jedem Fall mit Offset gearbeitet werden, da direkt unter den Bäumen - auch in laubloser Zeit - die angegebene Genauigkeit aufgrund von Mehrwegeeffekten nicht erzielt werden kann. Wird dagegen im Offset-Modus gearbeitet, muss vom GPS-Standort aus noch die Entfernung in Richtung und bis zum Baum bestimmt werden. Die magnetische Genauigkeit ist insbesondere in Städten (U-Bahn, Metallreste etc.) oft nicht sehr zuverlässig. Die im Außenbereich vorwiegend eingesetzten Laserentfernungsmesser arbeiten mit einer Genauigkeit von +- 0,3m. Da man bei der Entfernungsmessung immer nur die Entfernung der Stammoberfläche messen kann, kommt es bei stärkeren Stämmen zu zusätzlichen Fehlern, der nur mit der Kenntnis der Stammdurchmesser zurückgerechnet werden kann.

    Mittlere Genauigkeiten lassen sich durch Aufnahme mit Lasermessgerät oder alternativ mit Maßband und Laufrad erreichen. Begrenzender Faktor ist der erhebliche Zeitbedarf bis zum Abschluss der Datenerfassung und damit die Anzahl der zur Verfügung stehenden Personalkräfte.

    Die Genauigkeit einer Standorterfassung mit digitalen Karten auf dem Pencomputer vor Ort ist sehr von der Möglichkeit zur räumlichen Orientierung anhand der örtlichen Gegebenheiten abhängig. In innerstädtischen, dichter bebauten Gebieten lassen sich durch Einmesshilfen wie Gebäude oder Einfahrten Genauigkeiten von unter 0,5 m erreichen.
    Kosten und Bewertung
    Die Kosten für tachymetrische Vermessungsarbeiten von Baumstandorten wurden in Preisumfragen mit Summen zwischen 5,0 € und 12,0 € pro Baum ermittelt. Das Verfahren ist geeignet für Einzelbäume, Nachkartierungen oder bei Neubaustrecken. Es scheidet aus Kostengründen für eine großflächige Erfassung des Baumbestandes aus.

Ř Luftbildgestützte Verfahren
Sofern die Baumstandorte über eine Luftbildinterpretation erfasst werden sollen, sind georeferenzierte Echtfarbfotos (Orthofotos) im Maßstab 1:2.500 bis 1:5.000 zu empfehlen. Soll hierfür eine aktuelle Befliegung beauftragt werden, ist auf einen Befliegungstermin von März bis Laubaustrieb bei dunst- und wolkenfreiem Himmel zu achten. Ein Nachteil früherer Termine sind die langen Schlagschatten, während bei einer Befliegung nach Laubaustrieb die Standorte in Teilen verdeckt sind und somit Interpretationsfehler zunehmen. Falls möglich, sollte die fachliche Unterstützung der amtlichen Vermessung für die Ausschreibung wie auch für die Qualitätsbewertung des Luftbildmaterials eingeholt werden.

    Methoden
    o Luftbildinterpretation auf Basis entzerrter analoger Farb-Orthofotos
    Durch Orthogonal-Projektion eines Luftbildes (Farb-Dia) auf eine auf einem Projektionstisch fixierte Karte (meist Flurkarten im Maßstab von 1: 500 oder 1:1000) wird ein Farbfoto erzeugt. Die Entzerrung wird durch eine Nachstellung der Flugbedingungen erreicht. Der Projektionstisch ist in allen Neigungsrichtungen verstellbar. Durch den Abstand zwischen Bild und Tisch kann der Maßstab variiert werden. Es handelt sich um eine rein visuelle Einpassung des Dias auf die Kartengrundlage. Das Foto ist die Digitalisierungsgrundlage. Zur qualitativen Ansprache der Bildinhalte wird ergänzend ein hochwertiges analoges Luftbildinterpretationssystem wie das APT2 von WILD benötigt. Dieses Verfahren wird in der Praxis nicht mehr eingesetzt.

    o Fotogrammetrische Auswertung mit analytischen und semianalytischen Geräten (z.B. PLANICOMP und VISOPRET von ZEISS; SD 2000 von LEICA)
    Die Verfahren arbeitet rechnergestützt, wobei analytische Geräte eine höhere Integration des Rechners in das System nutzt. Für jeden zu interpretierenden Bildausschnitt ist ein Stereo-Bildpaar erforderlich. Die Entzerrung des Bildes im Stereomodell erfolgt über die Rechts-und Hochwerte sowie Höhenwerte einiger luftbildsichtbarer Geländepunkte. Die Koordinaten dieser 'Passpunkte' werden entweder aus der Karte entnommen oder eingemessen.
    Nach der Übergabe der Passpunktkoordinaten an das System können Messmarken durch das Bild bewegt werden. Für jeden angesteuerten Bildpunkt errechnet das System nun die Koordinaten. Digitalisiert wird direkt im Bild. Die Geräte für semianalytische Verfahren werden nicht mehr hergestellt. Bei analytischen Geräten können nach der Einrichtung eines Stereomodelles beliebige Bildkoordinaten automatisch aufgesucht oder die Meßmarke fest auf eine beliebige Geländehöhe eingestellt werden. Dieses Verfahren wird in der Praxis nicht mehr eingesetzt.

    o Fotogrammetrische Auswertung digitaler Luftbilder mit digitalen Arbeitsstationen (z.B. HELAVA von LEICA; SOFTPLOTTER von GEOSYTEMS; ATLAS/DSP von KLT ASSOCIATES INC.)
    Diese Verfahren beruhen auf der Auswertung hochauflösend digitaler Luftbilder. Wegen des hohen Speicherbedarfs ist eine zügige Bearbeitung nur mit entsprechend leistungsstarker Hardware möglich. Anschließend lassen sich die Bilder wie bei den vorher beschriebenen Verfahren interpretieren und digitalisieren.

    o Stereoskopische Auswertung gescannter Luftbilder mit Low Cost-Systemen (z.B. DVP von LEICA)
    Das Verfahren entspricht demjenigen der digitalen Arbeitsstationen. Der Speicherbedarf für Farbaufnahmen 30 bis 90 MB.

    o Auswertung digitaler und entzerrter Luftbilder am Bildschirm (z.B. GSX zu AUTOCAD)
    Grundlage dieser Auswertung sind digitale, georeferenzierte und entzerrte Luftbilder (Orthofotos). Das Scannen, Georeferenzieren und Entzerren kann als Dienstleistung bei verschiedenen Vermessungsfirmen in Auftrag gegeben werden.
    Diese werden an einem herkömmlichen Computer-Bildschirm interpretiert und abdigitalisiert. Zur qualitativen Ansprache der Bildinhalte wie Baumarten bei Sommeraufnahmen wird auch bei hohen Bildauflösungen ergänzend z.B. ein analoges Luftbildinterpretationssystem wie das APT2 von WILD benötigt.
    Qualität
    o Luftbildinterpretation auf Basis entzerrter analoger Farb-Orthofotos
    Hier besteht ein grundsätzliches verfahrensbedingtes Problem der Lagebestimmung, da es sich um eine Kronenaufsicht handelt und insbesondere bei großkronigen Bäumen keine exakte Bestimmung des Stammfußes möglich ist.
    Das Verfahren ist in gehölzartigen Bereichen nur begrenzt einsetzbar. Eine Bestimmung der einzelnen Stammfüße ist aufgrund von Schlagschatten häufig mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Auch mehrstämmige Bäume sind nicht hinreichend genau von anderen Bäumen zu unterscheiden. In stark strukturierten und weniger dicht bestockten Flächen könnten einzelne Bäume als Einmesshilfe für die terrestrische Standortbestimmung gesetzt werden.
    Die Qualität der mittels Orthogonal-Projektion gewonnenen geografischen Daten hängt von folgenden Rahmenbedingungen ab:
      · der Qualität des Gerätes. In Eigenkonstruktion erstellte Geräte sollten daher nicht zugelassen werden.
      · der Sorgfalt des Bedienungspersonals. Überprüfungen von Hamburger Kartierungsprojekten hatten erhebliche Genauigkeitsunterschiede im Bereich von mehreren Millimetern nachgewiesen. Bei einem Bildmaßstab von 1 : 1.000 ergeben sich daraus Ungenauigkeiten von 3 bis 4 Metern.
      · dem Vorhandensein geeigneter Infrastrukturen als Anhaltspunkte für die Entzerrung.
      · der Qualität des Kartenmaterials.
    Akzeptable Genauigkeiten sind verfahrensbedingt nur in ebenem oder gleichmäßig geneigtem Gelände zu erreichen. Für stärker geneigtes Gelände ist das Verfahren nicht geeignet.


    Die nachfolgenden Verfahren bietet durch ihre stereoskopische Auswertung wesentlich bessere Möglichkeiten, Schlagschatten zu erkennen. Die Gerätegenauigkeit wird jedoch überlagert durch Fehler bei der Bestimmung des Stammfußes. In gehölzartigen Bereichen ist die Auswertung ebenfalls ungenauer, kann aber eine gute Unterstützung für die Ersterfassung bieten. Eine terrestrische Ergänzung und Überprüfung der Standorte ist in Gehölzen aber in jedem Fall erforderlich.

    o Semianalytische Verfahren
    Semianalytische Verfahren erlauben bei einem Luftbildmaßstab von 1 : 1.000 oder größer mittlere Genauigkeiten mit einer Lageabweichung von 0,3 bis 0,5 m. Das Ergebnis wird stark beeinflußt durch
      · die Qualität der Passpunkte und
      · die Interpretationssicherheit des Auswerters.

    o Fotogrammetrische Auswertung mit analytischen Geräten
    Analytische Auswertegeräte bieten hohe Genauigkeiten im Bereich von < 10 cm Lageabweichung bei klar definierten Grenzen wie Bordsteinkanten ('harte' Grenzen). Ansonsten gelten die Anmerkungen zu den semianalytischen Verfahren.

    o Fotogrammetrische Auswertung digitaler Luftbilder mit digitalen Arbeitsstationen
    Digitale Arbeitsstationen bieten ebenfalls hohe Genauigkeiten mit weniger als 10 cm Lageabweichung. Zusätzliche Fehler können durch das Scannen auftreten, wenn ungeeignete Geräte verwendet werden oder die Kalibrierung nicht oft und sorgfältig genug erfolgt. Ansonsten gelten auch hier die Anmerkungen zu den semianalytischen Verfahren.

    o Stereoskopische Auswertung digitaler Luftbilder mit Low Cost-Systemen
    Die stereoskopische Auswertung digitaler Luftbilder an Low-Cost-Systemen verspricht bei einer Bodenauflösung der Bilder von 10-40 cm eine mittlere Genauigkeiten. Auch hier kann durch Passpunktfehler und Interpretationsfehler stark leiden.
    Kosten und Bewertung
    Die Kosten für die digitale stereofotogrammetrische Auswertung sind stark davon abhängig, ob die Befliegung bereits für andere Auswertungen aufbereitet wurde. Dann ist die Standortbestimmung der Bäume zumindest im Straßenbereich sehr kostengünstig möglich und in jedem Fall zu empfehlen.
    Die Art der für die unterschiedlichen Kartierverfahren erforderlichen Geräte, die Genauigkeit der Digitalisiergrundlagen (z.B. Luftbilder) und der Arbeitsaufwand für die jeweilige Methodehaben haben zwar Einfluss auf die Kosten der Datenerfassung, stärker wirken sich heute aber die augenblickliche Marktsituation, Angebot und Nachfrage aus. Einfluss auf die Höhe der erforderlichen Finanzmittel hat in gewissem Rahmen auch der relative Anteil der zu erfassenden Bäume je Luftbild. Je höher dieser Anteil ausfällt, desto günstiger sind die Kosten je Baum.

    o Luftbildinterpretation auf Basis entzerrter Farb-Orthofotos
    Die Orthogonal-Projektion ermöglicht eine schnelle Kartierung. Die Materialkosten liegen bei ca. ... € je Orthofoto.

    o Semianalytische Verfahren
    Der Arbeitsfortschritt ist aufgrund der aufwändigen Standortbestimmung deutlich geringer als bei der Luftbildinterpretation auf der Basis entzerrter Farb-Orthofotos. Aufgrund der relativ geringen Gerätekosten erscheint das Verfahren auch für die Erfassung in einem Gelände mit starken Höhenunterschieden geeignet. Eine mit dem semianalytischen Verfahren durchgeführte Luftbildinterpretation mit hoher Genauigkeit und differenziertem Objektschlüsselkatalog wird aktuell mit € ...,- pro ha zzgl. MWSt angeboten.

    o Fotogrammetrische Auswertung mit analytischen Geräten
    Die Kosten für dieses Verfahren sind mit ca. ... € recht hoch. Der zeitliche Arbeitsaufwand für die Standorterfassung entspricht demjenigen semianalytischer Verfahren.

    o Fotogrammetrische Auswertung digitaler Luftbilder mit digitalen Arbeitsstationen
    Die Kosten für Scanner und System liegen mit ca. ... € sehr hoch. Auch die Kosten für die erforderlichen Scans sind erheblich. Die Scans als Zwischenprodukte sind mit einem Speicherbedarf von ca. 350 MB pro Scan zur Zeit auf einem PC nur sehr eingeschränkt nutzbar. Das Verfahren ist zur Einrichtung eines Baumkatasters aus sachlichen Erwägungen und Kostengründen derzeit nicht zu empfehlen.

    o Stereoskopische Auswertung gescannter Luftbilder mit Low Cost-Systemen
    Die Systemkosten betragen ca. ... €. Der Aufwand für die Standorterfassung entspricht demjenigen für die vorstehend genannten Verfahren.

    o Auswertung gescannter und entzerrter Luftbilder am Bildschirm
    Für eine zweidimensionale Auswertung gescannter Luftbilder am Bildschirm werden Orthofotos benötigt, welche als SW-Scans ca. ... € je Bild kosten. Die erforderliche Bildbearbeitungs-Software kostet ca. ... €. Die Gesamtkosten liegen über denen des SEG-Verfahrens. Jedoch ist der zeitliche Arbeitsaufwand hoch, weil parallel mit einem AVIOPRET und den Originalluftbildern gearbeitet werden sollte, um die deutlich eingegrenzte Interpretierbarkeit der SW-Bildschirmdarstellung auszugleichen. Von Vorteil ist die Möglichkeit, der weiteren Nutzung der Luftbilder am PC für andere Zwecke.

Ř Resümé
Das SEG-Verfahren kann man heutzutage nicht mehr empfehlen; es ist als historisch zu betrachten. Aufgrund der vorstehend beschriebenen Methoden werden folgende Verfahren empfohlen:
  • Semianalytisches Verfahren für Gelände mit größeren Höhenunterschieden z.B. mit dem VISOPRET von ZEISS.
  • Alle digitalen stereofotogrammetrischen Verfahren.
  • Das Digitalisieren aus hochauflösenden digitalen Orthofotos, soweit es um Straßenbäume geht. Der Arbeitsfortschritt ist sehr hoch, eine terrestrische Standortüberprüfung und Ergänzung aber in jedem Fall vorzusehen.


2.3.4 Erarbeitung einer Digitalisieranweisung

In der Digitalisieranweisung werden verbindliche Vorgaben zu den Kriterien und Methoden der Datenerfassung formuliert. Dies sichert auch bei Beteiligung mehrerer Auftragnehmer oder bei späteren Ergänzungen stets gleichwertige Ergebnisse. Auf diese Weise kann ein konsistenter Datenbestand aufgebaut und fortgeschrieben werden.
Festzuschreiben sind u.a. der genaue Umfang der zu erfassenden Daten, Digitalisiergenauigkeiten bei kartografischen Erfassungen (GIS) und ggf. die Datenformate, sofern Daten mit anderen Systemen erfasste werden.

Eine Digitalisieranweisung sollte folgende Positionen näher beschreiben:
  • das Datenmaterial, das benötigt wird, unter Abgrenzung der zu bearbeitenden Flächen bzw. Baumkollektive
  • den Objektschlüsselkatalog mit Erläuterungen, welche Bäume aufzunehmen sind und Begriffsdefinitionen (was ist unter einem Grenzbaum zu verstehen ?)
  • die Struktur des Datenbestandes und seiner Beschreibungsmerkmale (welche Daten sind zu erfassen und ggf. welche Attribute; z.B. Straßenbaum, Parkbaum, Alleebaum)
  • die Methode zur Erfassung der Daten und zur digitalen Bearbeitung einschließlich Angabe der Genauigkeit (z.B. < 50cm)
  • das zu erfassende Datenformat (Sachdaten und Geo-Daten)
  • die Methoden der Datenübergabe an das Geo-Informationssystem einschließlich Tests und
  • Ablauf und Umfang der Fehlerkorrektur.

Beispiel einer Digitalisierungsanweisung {Link in den Anhang}

2.3.5 Erarbeitung eines Pflichtenheftes

Für den konkreten Auftrag zur Erfassung der Baumstandorte müssen verbindliche Vorgaben in einem Pflichtenheft festgelegt werden. Die Digitalisieranweisung bildet einen wesentlichen Teil und sollte um Vorgaben zum Arbeitsprozess ergänzt werden. Methodenbedingt sind die Ergebnisse der Luftbildinterpretation nur in Ausnahmefällen vollständig. So lassen sich beispielsweise die jeweiligen Besitzverhältnisse aus Luftbildern häufig nicht ausreichend erschließen (Grenzbaumproblematik).

Die Vergabe einer Luftbildinterpretation sollte daher grundsätzlich mit einem Feldvergleich durch den Auftragnehmer verbunden sein, um die Qualität der Daten zu erhöhen. EINSCHUB: fachliche und dv-technische Fehler der Importdaten

Die nachfolgenden Positionen sollten im Pflichtenheft beschrieben werden:
  • das für die Erfassung bereit gestellte Datenmaterial (ALK, Luftbilder, deren Aktualität, Maßstäbe und Gesamtflächenangabe)
  • die gewünschte Methode zur Datenerfassung
  • der Termin des Beginns der Datenerfassung
  • der Termin der Abgabe der erfassten Daten
  • ggf. Termine für Teillieferungen
  • die Qualitätskontrolle des Auftraggebers
  • die Konsequenzen für den Auftragnehmer bei Qualitätsmängeln und
  • die Art und der Umfang von Regressansprüchen.

Beispiel eines Pflichtenheftes {Link in den Anhang}


2.3.6 Import digital vorliegender Daten

Mit der Datenübernahme in ein Geografisches Informationssystem (GIS) ist die Geodatenerfassung im Optimalfall abgeschlossen. Ist das Baukataster nicht GIS-fähig, müssen die Sachdaten der Bäume zusätzlich in das Baumkataster importiert werden.
Um die Datenfortschreibung zu erleichtern, sollte die Datenübernahme automatisiert erfolgen können. Datenformate, Tabellen-Feldstrukturen, Datenflüsse und Schnittstellen sind darauf abzustimmen. Bei geringerem Auftragsvolumen sollte der Auftraggeber Aufwandsentschädigungen für Abstimmungs- und Beratungsgespräche durch den Auftragnehmer berücksichtigen.

2.3.7 Durchführung der Qualitätskontrolle

Eine abgestufte Qualitätskontrolle der erfassten Daten ist unverzichtbar, ersetzt aber nicht den Feldvergleich durch die kartierenden Auftragnehmer im Rahmen ihrer Erfassung. Qualitätskontrollen sollten mit eigenem Personal oder durch unabhängigen externen Sachverstand erfolgen. Es wird dringend empfohlen, bereits im Leistungsverzeichnis die fortlaufende Lieferung von Teildatenbeständen als 'Meilensteine' zu vereinbaren, um eine frühzeitige Beurteilung der Qualität der erfassten Daten zu ermöglichen.

Solche Teildatenbestände sollten grundsätzlich auch als Themenkarten geliefert werden, aus denen z.B. die Baumattribute hervorgehen. Anhand dieser Karten kann anschließend stichprobenhaft vor Ort die visuelle Kontrolle auf Vollständigkeit, Lagegenauigkeit und richtige Attributierung vorgenommen werden.
Der Rücklauf der geprüften Karten an die Kartierer dient der Fehlerdokumentation, sollte aber nicht als Korrekturunterlage genutzt werden. Fehler sind durch den Auftragnehmer zu korrigieren. Wird die vorher vereinbarte Datenqualität unterschritten, kann nach der Korrektur z.B. eine erneute Stichprobe zu Lasten des Auftragnehmers erfolgen.



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